Leichte Widrigkeiten

LE düft

Die Tankstelle in der Dametzstraße ist unterhalb des Parkhauses, in die Tiefe versetzt, kaum wahrnehmbar. Das Laufpublikum hält sich stark in Grenzen. Die Passanten, die zügig und zielstrebig an der Tankstelle vorbeieilen, nehmen diese nicht zur Kenntnis, dunkel im Schatten der Shoppingmall. Das Inflatbale bedient sich im Buhlen um Aufmerksamkeit den Methoden der kommerziellen Werbung: überladen, peppig, blinkend, leuchtend, laut – großer Effekt und wenig Inhalt. Platziert im Außenbereich der Tankstelle bunt, schimmernd oder nur durch ihre beträchtliche Größe zieht es die Aufmerksamkeit auf sich. Doch was steckt eigentlich in/hinter diesem anmaßend imposanten Objekt? Nur heiße Luft. Die Inflatables bestehen aus zusammengeschweißten Plastikfolien. Ein wertloses Material, welches normalerweise für die Herstellung von Wegwerfprodukten verwendet wird präsentiert sich in dieser Arbeit pompös, monumental anmaßend . Mittels eines herkömmlichen Gebläses wird das Volumen konstant mit Luft gefüllt und bläst sich zu voller Größe auf.

Die Arbeit hinterfragt Inhalt//Gehalt und Stichhaltigkeit der Umstände unserer Zeit, die „Aufgeblasenheit“, mit welcher Luxus als Standard abgetan wird und refelktiert das Privileg der modernen  Gesellschaft im Überfluss und trotz allem in Unzufriedenheit zu leben. In kaum einem Metier tritt das Extrem deutlicher hervor als in der Konsum- und der Kunstwelt. Unmengen an Ressourcen, materiell und monetär, Zeit und Energie könnnen und werden investiert um generierte, inexistentielle Bedürfnisse zu befriedigen.

Nina McNab

© Nina McNab

360l of lightness

In „360litres of lightness“ stoßen Gegensätzlichkeiten aufeinander; sie korrelieren in einem harmonisch anmutigen Zusammenspiel. Die Fragilität der feinen Tüten steht der Kraft der Windmaschine gegenüber. Die Wucht des künstlich generierten Luftstroms treibt das Objekt in sich windende, raumgreifende Bewegungen und überführt es in einen eleganten Tanz in der Kraft des Sturmes. Lebendig anmutend windet sich das Objekt am Boden um im nächsten Moment anmaßend an die Decke zu schießen, verweilt schwebend und sinkt in kreisenden Drehbewegungen wieder zu Boden.

Das Objekt folgt einer ungeschriebenen Choreographie – unvorhersehbar und einmalig. Der Eindruck eines augenscheinlichen Kampfes zwischen den korrelierenden Elementen wandelt sich nach kurzer Zeit zu einer lebendigen Symbiose, deren Schauspiel fasziniert und Blicke fesselt.

Nina McNab

© Nina McNab

Zu sehen waren Ninas Arbeiten bei der Ausstellung Leichte Widrigkeiten, einem kollaborativem Projekt in der kulturtankstelle von Studierenden der Kunstuniversität Linz und der Kunsthochschule für Medien Köln. Das Konzept, das Format und die Koordinaten des Projektes wurden innerhalb von zwei Workshops im Dezember 2017 und Januar 2018 in einem Gruppenprozess der Studierenden entwickelt und umgesetzt.

Orts – und situationsbezogene Arbeiten werden in den drei Räumen der kulturtankstelle sowie im öffentlichen Raum appliziert, wobei strukturelle Untersuchung ein wesentliches Moment darstellen. In Anbetracht der Jahreszeit, in der die Ausstellung stattfindet und der politischen Abkühlung arbeitet das Projekt über Zustände, Bezugssysteme und Abhängigkeiten.

Für „Leichte Widrigkeiten“ werden Raumbedingungen geschaffen, die die ausgestellten Arbeiten auf unterschiedliche Art beeinflussen. Diese „conditions“ wirken weder einladend noch entsprechend für die Präsentation von Kunst. Arbeiten und Besucher_innen werden diesen zum Teil extremen Bedingungen ausgesetzt. Die geschaffenen Bedingungen werden selbst zu einem wichtigen Element und bestimmen die Benutzung des Raumes, die künstlerischen Setzungen und Aktionen und das Verhalten des Publikums. Von einem Sturm getrieben wechseln diese in scheinbar angenehmere Räume. Doch ihre Empfindung täuscht. Es wird schnell klar, dass es sich hier um einen fragilen, temporären Zustand handelt.

Künstlerische Projekte von:
Kunstuniversität Linz: Isabella Auer, Paul Ess, Klara Huber, Paul Kitzmüller, Nina McNab, Johannes Ortner, Christina Peichler, Sarah Schmidt
KHM Köln: David Camargo, Paul Leo, David Lichter, Dawid Liftinger, Jonathan Omer Mizrahi, Camilo Sandoval, Bela Usabaev

Team Linz: Hubert Lobnig und Veronika Barnaš
Team Köln: Mischa Kuball, Evelyn Mund und Søren Sibel
Kulturtankstelle: Sigi Atteneder und Katharina Weinberger-Lootsma

 

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