Masterarbeit 2016 von Jacqueline Satzinger
Der Zusammenhang zwischen Farbe und textilem Material wurde mittels einer empirischen Studie genauer untersucht. Die Auswertung legte tendenzielle Synergien zwischen Farben, Materialien und Oberflächen offen.
In textilen Kollektionen sind in der Regel verschiedenfarbige Ausführungen des gleichen Designs zu finden. Dass sich in einer Kollektion stets einige Farbvarianten besser verkaufen als andere, mag auf den ersten Blick an aktuellen Trends oder persönlichem Gefallen liegen. Jedoch sehen Farb- und Wahrnehmungsforscher den Grund dafür im gegenseitigen Einfluss des Oberflächenmaterials und der jeweiligen Farbe. Diesen gilt es noch genauer zu erforschen.
Als theoretische Grundlage diente eine Publikation über den Zusammenhang von Farbe zur Tastwahrnehmung.[1] Die Ergebnisse waren Profile zu den 18 getesteten Farben mit dazugehörigen Struktur- und Oberflächenbeschreibungen. Dies ermöglichte die Zuordnung von Farben zu textilen Materialien bzw. deren spezifische Oberflächen. So wirken z.B. die Farben Orange und Braun, laut Theorie, auf matten und rauen Oberflächen am besten, was den Materialeigenschaften der Wolle entspricht. Die glatte und glänzende Oberfläche der Seide passt demnach am eindeutigsten zu Hell- und Dunkelblau, Gelb und Rot werden der matten, glatten Baumwolloberfläche zugeordnet. Anschließend wurden die Thesen mittels schriftlicher Befragung überprüft. Dazu wurden vorab 15 x 15 cm große Musterstücke aus Wolle, Seide und Baumwolle in den ausgewählten Farben gefärbt. Kriterien für die Farbauswahl waren die Eindeutigkeit in der Theorie bezüglich der Wirkung von Farbe und Oberfläche, sowie deren färbetechnische Umsetzbarkeit. Denn das Ziel, den gleichen Farbton auf drei unterschiedlichen Fasertypen zu applizieren ist eine technische Herausforderung. Da die Umsetzung nur mit synthetischen Pigmenten möglich war, dienten verschiedene natürliche Färbungen als Vorlage um keine zu künstlichen Farbtöne zu färben. Verwendet wurden ausschließlich Naturfasern. Im Gegensatz zu den stark modifizierbaren synthetischen Fasern, besitzen diese Eigenschaften und Oberflächen, die nur begrenzt verändert werden können. Dies führt zu eindeutigeren Ergebnissen, welche auch hinsichtlich synthetischer Fasern gedeutet werden können.
Eine heterogene Gruppe von fünfzig Probanden beurteilte anschließend die subjektive Wirkung der 18 farbigen Gewebe anhand eines Polaritätsprofils. Diese Methode wurde in den 50er Jahren von Psychologen entwickelt um den Eindruck und die Wirkung von Dingen, Objekten, Personen, etc. zu ermitteln. Auf einer Liste von Gegensatzpaaren (z.B. warm – kalt) wird auf einer siebenstufigen Werteskala der Grad der subjektiven Empfindung eingetragen. Durch Assoziationen bildet sich zu jeden Stimulus ein Profil heraus. In der abschließenden statistischen Auswertung der Fragebögen zeigten sich tendenziell harmonische und dissonante Material- und Farbkombinationen sowie generelle Erkenntnisse über den Zusammenhang von textilem Material und Farbe.
Laut dem Sozialwissenschaftler und Wirtschaftsnobelpreisträger Herbert A. Simon müssen Designer wissen, wie Dinge funktionieren und weshalb. Dies würde Erklärungen voraussetzen, und dafür müssten wir Theorien konstruieren und testen.[2] Seine Aussage trifft den zu Grunde liegenden Gedanken der vorliegenden Arbeit sehr gut. Ziel war es, durch künstlerisch-wissenschaftliche Forschung neue Erkenntnisse zu gewinnen um zu einem besseren Verständnis der Zusammenhänge zu gelangen. Letztendlich soll dieses Wissen zu einem sicheren und kompetenten Umgang mit Farbe und Material innerhalb von Gestaltungsprozessen jeglicher Art führen.
[1] Rieke Timo: haptic Visuals – Oberfläche und Struktur – Farbe und ihre Beziehung zur Tastwahrnehmung, Frammersbach 2008
[2]Hugentobler in Designwissenschaft und Designforschung, Hochschule Luzern, S. 51
Natürliche Färbungen: Farbpallette aus 120 natürlichen Färbungen, u.a. mit Indigo, Krapp und Kurkuma
Natürliche Pigmente: Links: Krappwurzel, Indigopulver, Katechupulver Rechts: Hennapulver, Gelbholz, Faulbaumrinde
Synthetische Farbstoffe: verwendete Reaktivfarbstoffe in den Farben Gelb, Orange, Rot und Blau
18 Testgewebe: Alle 18 getesteten Gewebe aus reiner Seide (Links), Baumwolle (Mitte) und Wolle (Rechts) in sechs Farben gefärbt
Fragebogen: Semantisches Differential zur Feststellung der kognitiven und sensuellen Wahrnehmung sowie der allgemeinen Anmutungsqualität
Auswertung 1: Neuordnung der Einzelergebnisse anhand ihrer Mittelwerte nach den Eigenschaftspaaren. Wichtig für den Vergleich und der Interpretation der Ergebnisse.
Auswertung 2: Aus den 15 Adjektivpaare bilden sich drei auffällige Gruppen heraus: Dominanz der Farbwirkung, Dominanz der Materialwirkung und wechselhafte Dominanzen.
Interpretation: Abschließende Interpretation der Studienergebnisse unter Berücksichtigung der Theorien. Falsifikation und Verifikation der Thesen.
UrheberIn, copyright : Jacqueline Satzinger
Kooperationspartner: Forschungszentrum für Textilchemie und –physik, Dornbirn